Advokalender. #12

Den Mädels ist an ihrem vorweihnachtlichen Schreibpult vor lauter Schrift-Gedöns doch nun fast die Feder aus der Hand entglitten. Ihre müden Finger entspannend, gönnten die Märchen-Freundinnen sich nun mit Knabbereien am Lebkuchenhäuschen eine kleine Pause, welche etwas ausartete…. Bei Kerzenduft und Glühweindunst plauderten sie über ihre Reise durch die Matrix des irdischen R e c h t s, sinnierten über ihre Erlebnisse der vergangenen zwölf Monate und unterhielten sich über das ständige Klagegeschrei ihrer Freunde… Bis beim Flaschendrehen urplötzlich, -und wie aus dem Nichts-, ein Hirsch entstieg. Sie tauften ihn „Artus“ und begannen, ihrem tierischen Orakel ihre Aufgaben, Herausforderungen und Sehnsüchte zu erzählen. Ein jedes Märchen-Mädel schilderte sein Begehr. Ob sie wohl dadurch neuen Perspektiven „Thyr und Thor“ eröffnet haben?

Mach´ auf die Thyr und das Thor mach´ weit…


Advokalender 2Q2Q – Thörchen #12 – Dr. Theo Kojaq – Einsatz im Dienst der Menschlichkeit

#12 Thörchen

In Winterfell hat das gemeinschaftliche System die erste Infektionsphase hinter sich. [Drostenlos und Großklabauterbach sind abgeriegelt, die Wirtschaft ist auf Notbetrieb heruntergefahren, alle Bewohner sind weggesperrt und die Rosinenbomber befinden sich beladen mit „Papageientauchern, Entenschnäbeln und Rosetten-Kissen“ im Dauereinsatz. In der Märchenstube steppt derweil das Hirsch-Orakel. Artus rockt ausladend zu Mr. Miyagi-Sprüchen und versucht sich munter an Oma Käthes Karatetechniken. Violetta, Charlotte und die flotte Lotte bringen sich vor dessen Hyperaktivität in Sicherheit. Den unkoordinierten Tritten ausweichend, presst sich das Trio eng umschlungen an die Wand, während Lieschen sich in letzter Sekunde unter den Schreibtisch zu retten versucht. Ihre gemütliche Schreibpause hat sich zu einer sehr kuriosen Flaschendreh-Veranstaltung entwickelt und gerade als die Märchen-Mädels sich ernsthaft überlegen wollten, wie sie diesen eigensinnigen Hirsch-Zauber wieder in die Flasche zurück bekommen könnten, prustet Lieschen lauthals los. Der Anblick des Mädeltrio ähnelt dem eines Sandwich´ mit Charlotte in der Hauptrolle des „armen Würstchens“. Das sich Lieschen darbietende „Treuhandverhältnis“ erinnert sie nicht nur an ihren Märchen-Hauptdarsteller, Behörden-Prinz und Chef-Sachbearbeiter „Süleyman Moser“, sondern auch an ein verfasstes Schreiben für ihren Hausarzt Dr. Theo.

Dr. Theo widmet sich mit Leib und Seele dem Wohl seiner Patienten und nimmt sein Arztgelöbnis sehr ernst. Der grundlegenden Formulierung seiner ärztlichen Ethik droht mit dem auswärtig arrangierten Befall der Bewohner mit chinesischen Flugsamen die Kastration. Aufgrund seiner erfolgreichen webunterstützten Initiative und seinem selbstlosen Einsatz im Dienst der Menschlichkeit hat sich Dr. Theo Kojaq der Scharfrichter angekündigt.

Bekanntermaßen beschert die behördlich angeordnete Gefahrenlage dem nachbarschaftlichen Horch-und-Guck-Dienst im Winterfeller Land Hochkonjunktur. Seit kurzem werden sogar Drostenloser und Großklabauterbacher für ihre detektivischen Leistungen mit dem „goldenen Entenschnabel“ und für besondere Fahnentreue mit der „eisernen Rosette“ ausgezeichnet. Ob Käthe Nussknacker von Kassierer Mäusekönig an die Großklabauterbacher Ordnungsmacht verpfiffen, oder Oma Käthe vom Winterfeller Schnüffeldienst ausspioniert wurde, oder ein asymptomatisch-erkrankter Flugsamen-Fall gönnerhaft den Aussteller ihres Attestes aufspürte, können die Märchen-Mädels weder bestätigen noch dementieren. Auf jeden Fall hat Lieschen sich Dr. Theos berufsrechtlichem Ermittlungsverfahren angenommen. Sie kennt sich mit namenlosen Reitern und Mädchen ohne Titel aus. Und als Expertin für Treuhandverhältnisse hat sie die Märchen-Munition zum Komponieren. Sie holt kurz Luft, atmet den Zusammenhang aus und lässt sodann die Schreibfeder glühen:

Dr. Theo hat die Lizenz (= die Erlaubnis, etwas Unerlaubtes zu tun) erhalten und wird von seiner Kammer mit dem Privileg begünstigt, Arzt zu sein. Als „natürliche Person des Seerechts“ genießt Theo Kojaq mit diesem Privileg also den Status eines Begünstigten. Als solcher ist er aber völlig rechtlos, weil er ja schon begünstigt ist, wozu also bräuchte er Rechte? Als Personenstandsfall Kind Theo Kojaq ist er allerdings Treuhänder und trägt die Last, allen Regeln des Treugebers (Ärztekammer) zu gehorchen und für jeden Verstoß zu haften. Weil der Geburtsfall Kind Theo Kojaq den Namen der toten Nachgeburt trägt und ein öffentlicher Titel ist, liegt dieselbe Quelle des Unrechts wie bei jedem anderen auch vor. Markenzeichen eines Treuhänders ist, die Rechnung zu bezahlen und zu haften. Da der „Knabe“ nicht da ist (als der Einzige, der in Wahrheit unbegrenzt haftet), zahlt natürlich die ganze Rechnung der öffentliche Titel als Besitztitel des Standesamts.

Betrifft: `Q/22 – 17/2028 zak-pfui´

Sehr geehrte Ermittlungsführerin Klodette Zaster-Roll,

mit Schriftsatz vom 11. Juli 2028 übermitteln Sie einen Beschluss der Landesärztekammer Winterfell zur Aufnahme berufsrechtlicher Ermittlungen gegen Herr Dr. med. Kojaq und beschuldigen diesen in seiner Eigenschaft als lizenzierter Angehöriger der Kammer, gegen die §§ 2 Abs. 1 und 2, 25 der Berufsordnung für die Ärztinnen und Ärzte in Winterfell verstoßen zu haben.

Sicherlich können Sie nachvollziehen, dass sowohl Begünstigter als auch Treuhänder eines Treuhandverhältnisses im Rahmen einer Körperschaft des öffentlichen Rechts sich nicht als `Beschuldigter´ mit einer Stellungnahme einlassen könnte.

In Gestalt des Arztes allerdings, der in seinen beruflichen Handlungen allein seinen ethischen Prinzipien und seinem ihm eigenen Gewissen unterworfen ist, antwortet der Unterzeichner jedoch sehr gerne. Insbesondere liegt ihm am Herzen, festzustellen, dass er ein Gelöbnis abgelegt hatte, seinen Dienst der Menschlichkeit und dem Wohl seiner Patienten zu widmen. Er trägt in persona die Verantwortung, dementsprechende Zeugnisse aus seiner ärztlichen Überzeugung heraus und nach bestem Wissen und mit größtmöglicher Sorgfalt auszustellen. Diese Grundsätze seiner Berufsordnung korrespondieren naturgemäß mit der Privatautonomie, die er innerhalb seiner freien Willensausübung und seiner ethischen Verantwortlichkeit besitzt.

Sofern eine Vorermittlung vom Präsidium als notwendig erachtet wird, bietet der Unterzeichner gerne seine Mitwirkung an, auch wenn ihm keine Umstände bewusst sind, die zu einer schuldhaften Verletzung seiner Berufspflichten hätten führen sollen. Hierzu gibt der Unterzeichner zu bedenken, dass reine Gewissensfragen eine höchstpersönliche Frage der Privatautonomie sind, die eine Einlassung von dritter Seite ausschließen, wohingegen rechtliche Fragen sich an den haftenden Personenstandsfall richten, der ein öffentlicher Titel ist. Dies bedeutet wohl auch, dass derjenige, der nur seinem Gewissen verpflichtet ist, nicht gleichzeitig ein rechtlicher Beschuldigter sein könnte. Es sei denn, er hätte jemandem Schaden zugefügt, infolgedessen eine rechtliche Intervention und Handeln von dritter Seite wiederum gerechtfertigt wären.

Demzufolge bittet der Unterzeichner zum einen, den Adressaten zu benennen, dem eine Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt wird. Ist es die physische Person des Arztes, der in seinen Handlungen allein seinem Gewissen unterliegt oder ist es der Personenstandsfall eines öffentlichen Titels im Rahmen des lizenzierten Treuhandverhältnisses.

Zum zweiten bittet der Unterzeichner darum, diejenige(n) Person(en) zu benennen, die er mit seinem Tun geschädigt haben soll. Beziffern Sie außerdem den Schaden, demzufolge eine Ermittlung hinsichtlich der Erfüllung seiner in der Berufsordnung geregelten Berufspflichten hätte notwendig werden müssen.]

Hochachtungsvoll.

T h e o K o j a q


PersonEine Person ist eine künstliche Erschaffung des Rechts und existiert als Subjekt seines Erschaffers als dessen Besitz. In diesem Sinne hat eine Person keine Rechte, denn sie ist Vertragspartei in einem Treuhandverhältnis.
TreuhandEine Treuhand ist ein Rechtsverhältnis, bei dem eine natürliche oder juristische Person (Treugeber) einer zweiten Person (Treuhänder) ein Recht unter der Bedingung überträgt, von diesem Recht nicht zum eigenen Vorteil Gebrauch zu machen. In einem Treuhandverhältnis gibt es Privilegien („Rechte“) und Lasten („Pflichten“). Die wesentliche Frage ist, ob die Person in der Jurisdiktion des Landrechts oder des Seerechts erzeugt bzw. herausgegeben wurde. Im Landrecht besitzt sie eine Rechtsstellung, im Seerecht hat sie einen Status. Mit dem Personennamen, unter dem sie auftritt bzw. unter dem sie registriert wurde, genießt sie entweder das Nutzungsrecht von Privilegien oder sie trägt die Lasten des Treuhandverhältnisses. In jedem Fall muss sie den „Gesetzen“ des Treuhandverhältnisses gehorchen, die für die Benutzung der Person mitherausgegeben wurden. Wenn sie dagegen verstößt, kann man sie wegen Treuhandbruchs bestrafen. Insofern ist der Rechtsstatus einer Person innerhalb des Seerechts immer der eines Treuhänders, womit ein haftender Schuldner gemeint ist. In einem Treuhandverhältnis trägt ausschließlich der Treuhänder die Lasten. Er ist derjenige, der immer die Rechnung zahlt.
PrivilegEin Privileg ist der Vorzug, den ein Begünstigter in einem Treuhandverhältnis genießt. Demgemäß sind Begünstigte einer Treuhand völlig rechtlos.
Mensch mit Maske(n)Ein Mensch kann sich eine Vielzahl an Personenmasken aufsetzen, die mit unterschiedlichen Eigenschaften ausgestattet sind. Der einen Person werden Privilegien gewährt, mit einer anderen Person trägt man die Lasten. „Wann zwei Rechte in einer Person konkurrieren, dann ist es dasselbe, als lägen sie in zwei separaten Personen.“ Eine sozialversicherte Person im Seerecht ist immer ein Treuhänder.  
TitelEin Titel ist der schriftliche Beweis eines Besitzrechts, ein Gesetz, ein Papier, ein Zertifikat, ein Dokument.
Lieschens Treuhand-Spickzettel

Lieschen hat einhundertachtundachtzig Fragen und Antworten aufgeschrieben und diese veröffentlicht:

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