Advokalender. #30

Den Mädels ist an ihrem vorweihnachtlichen Schreibpult vor lauter Schrift-Gedöns doch nun fast die Feder aus der Hand entglitten. Ihre müden Finger entspannend, gönnten die Märchen-Freundinnen sich nun mit Knabbereien am Lebkuchenhäuschen eine kleine Pause, welche etwas ausartete…. Bei Kerzenduft und Glühweindunst plauderten sie über ihre Reise durch die Matrix des irdischen R e c h t s, sinnierten über ihre Erlebnisse der vergangenen zwölf Monate und unterhielten sich über das ständige Klagegeschrei ihrer Freunde… Bis beim Flaschendrehen urplötzlich, -und wie aus dem Nichts-, ein Hirsch entstieg. Sie tauften ihn „Artus“ und begannen, ihrem tierischen Orakel ihre Aufgaben, Herausforderungen und Sehnsüchte zu erzählen. Ein jedes Märchen-Mädel schilderte sein Begehr. Ob sie wohl dadurch neuen Perspektiven „Thyr und Thor“ eröffnet haben?

Mach´ auf die Thyr und das Thor mach´ weit…


Advokalernder 2Q2Q – Thörchen #30 – Strickliesel soll sich schriftlich äußern

#30 Thörchen

Violettas schiefe Gesangseinlage hat das Hirschorakel in die Katakomben der Märchenstube katapultiert. [Zu Artus´ Errettung eilen Isabella und die flotte Lotte geschwind hinterher. Charlotte und Lieschen sitzen nun ganz alleine da und spitzen ihre Ohren, denn Opa Hans wurde ins Veteranen-Hauptquartier beordert. Eine verdächtige Mülltüte am Königsmunder Schloss hat dort angeblich einen chinesischen Flugsamenbefall-Großeinsatz ausgelöst. Zur Verstärkung des Seuchenkommandos ist er nun mit Indiana Tschohnts, Gourmäggle und den drei Weihnachtsmännern nach „Tunte-e-Belle“ gereist. Und Lieschens Oma telefoniert gerade ganz aufgeregt mit ihrer Freundin Strickliesel aus Mittelschlaufen.

Strickliesel hatte sich vor Monaten einem Gruppentreffen im Winterfeller Wolleparadies angeschlossen, erfuhren die Märchenmädels von Oma Käthe. Alte Strick- und Zopfmuster wurde den teilnehmenden Häkelhäschen und Maschenfräuleins dort allerdings sehr schnell langweilig und sie luden sich neue Modelle und Probestücke ein. Allerdings hat wohl die Beschaffenheit eines Exemplars die Winterfeller Behörden dermaßen auf den Plan gerufen, dass diese mit dreiundzwanzig Einsatzwägen das Knäuelkolloquium kurzerhand gesprengt haben. Einige wenige von Strickliesels Freundinnen konnten durch die Maschendrahtzäune unbemerkt dem Wolleparadies entkommen, der Großteil jedoch musste sich der Winterfeller Ordnungsmacht stellen. Oma Käthe bittet ihre Enkelin um Hilfe, denn Strickliesel hat blaulichtliche Post erreicht. Lieschen reibt sich ihre Nase, dehnt ihre flinken Fingerchen und schreibt für Omas Freundin folgende Antwort nieder:

Sehr geehrter Polizeiobermeister N a h t l o s,

Sie fordern „Frau Liesel Strick“ mit obigem Aktenzeichen auf, sich als Beschuldigte mittels eines Fragenbogens schriftlich zu äußern. Ich will es rundheraus sagen, dass ich mir ehrlichgesagt zu der aufgeforderten Person aktuell nicht ganz sicher bin.

Hinsichtlich meiner mir vorliegenden Personenstandsurkunden sind vor kurzem Rechtszweifel aufgekommen, die bislang noch nicht öffentlich bereinigt werden konnten. Es liegt im Bereich des Möglichen, dass anlässlich meiner Geburt vom registrierenden Standesamt Geburtsangaben und Papiere verwechselt worden waren und dass die Registerangaben zu meiner Person insgesamt nicht ordnungsgemäß bzw. korrekt sind. Denken Sie bitte nicht, dass meine Zweifel, die ich hier vortrage, nicht ernsthaft und substanziell begründet seien, nur um einer gesetzlichen Rechtspflicht zu einer erforderlichen, schriftlichen Äußerung zu entgehen.

Ich benötige jetzt lediglich einen zeitlichen Spielraum, um das tatsächliche Rechtsgeschehen von damals mit dem zuständigen Standesamt aufklären zu können und ggf. über die kommenden Tage beim zuständigen Amtsgericht ein Personenstandsverfahren einleiten zu lassen. Ich vermute insofern, dass es anlässlich meines Geburtseintrags womöglich zu einer Personenverwechslung mit einer namensähnlichen Person gekommen und dass mein tatsächlicher Name nicht korrekt registriert worden war.

Verstehen Sie bitte, dass ich mich aufgrund dieses außergewöhnlichen Umstands aktuell nicht auf die Beantwortung Ihres Fragebogens einlassen kann, weil womöglich schon grundlegend ein Irrtum in derjenigen Person vorliegt, die von Ihnen adressiert worden war. Ich will den tatsächlichen Sachverhalt unbedingt z u v o r bei den zuständigen Behörden mit einem Verwaltungsakt klären lassen!

Ich muss Sie aus diesem Grund bitten, mir hierfür eine ausreichende zeitliche Frist einzuräumen. Deshalb beantrage ich für den ungewissen Zeitraum Rechtshemmung bzw. ich verlange die Aussetzung der Vollziehung weiterer Maßnahmen, bis der Personenstand und die Rechtsstellung der Person „Frau Liesel Strick“ von Amts wegen eindeutig und ordnungsgemäß geklärt worden sind.

Ich bitte Sie ebenso, sich binnen Wochenfrist zu diesem Antrag zu äußern, damit ich Rechtssicherheit habe, weil ich nicht wissen kann, wie lange das angestrebte Verwaltungsverfahren andauern wird.

Nach Abschluss und je nach Ausgang des Verfahrens würde ich selbstverständlich Ihrer Aufforderung sofort nachkommen und mich zu Ihrem Fragebogen pflichtgemäß äußern.

Mit freundlichen Grüßen

Strick Liesel


Der Märchen-Mädels haben den Plan zur Restituierung des Personenstands niedergeschrieben. Die Hintergründe hierzu findet ihr in den Märchen:]

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