Den Mädels ist an ihrem vorweihnachtlichen Schreibpult vor lauter Schrift-Gedöns doch nun fast die Feder aus der Hand entglitten. Ihre müden Finger entspannend, gönnten die Märchen-Freundinnen sich nun mit Knabbereien am Lebkuchenhäuschen eine kleine Pause, welche etwas ausartete…. Bei Kerzenduft und Glühweindunst plauderten sie über ihre Reise durch die Matrix des irdischen R e c h t s, sinnierten über ihre Erlebnisse der vergangenen zwölf Monate und unterhielten sich über das ständige Klagegeschrei ihrer Freunde… Bis beim Flaschendrehen urplötzlich, -und wie aus dem Nichts-, ein Hirsch entstieg. Sie tauften ihn „Artus“ und begannen, ihrem tierischen Orakel ihre Aufgaben, Herausforderungen und Sehnsüchte zu erzählen. Ein jedes Märchen-Mädel schilderte sein Begehr. Ob sie wohl dadurch neuen Perspektiven „Thyr und Thor“ eröffnet haben?
Mach´ auf die Thyr und das Thor mach´ weit…
#20 – Thörchen
Lotte und Artus hängen lustlos auf der Couch ab und sinnieren über die in einer Online-Gazette propagierte Abschaffung des 505 Jahre alten Winterfeller Reinheitsgebots, damit das Königsmunder Hopfenwasser leben darf. [Lieschen checkt gerade die Nachrichten und alle Kanallinkstationen, damit die Schreibstube auf dem Laufenden ist. Sie schüttelt sich vor lachen und blökt: „Wo issn des Hirn?“
Der rote Blätterwald zwitschert, dass es sich herausgestellt habe, dass es in Großklabauterbacher Wohntürmen bei Betätigung von Klospülungen zu einem Kamineffekt komme. Bürgermeister Rübezahn Fliege habe auch für Drostenlos konstatiert, dass Aerosole von der Toilettenspülung der chinesischen Flugsamen-Infizierten im Erdgeschoss und der tiefen Stockwerke im Bad der oberen Etagen landen können. Sein liberaler Amtskollege aus dem nördlichen Gelbblaupünktchental gibt prophylaktisch schon mal ein Limit vor von Kohlenstoffdioxid, das seine Insassen noch verbrauchen dürfen. Er empfiehlt dies unter anderem seinem Kollegen in Kannichspahn zur Befüllung der staatlichen Seedukatentresore. „Jedem seiner Bewohner, der am Kohlenstoffdioxidlimit einen Anteil haben möchte, -für Fliegen, Verbrennungsmotor, Energie, Fleisch-, habe er den Kauf eines Anteils an diesem Budget verordnet“, zitiert Lieschen. Aus Kleinwielertal wird das Schweigen der Lämmer vermeldet, da man dort aufgrund von national verordnetem Gulaschkoma peinlicherweise auch noch die Fahnentreu-Preisverleihung der „eisernen Rosette“ verschlafen habe. Und im Königsmunder Schloß „Tunt-e-Belle“ sind grüne Mallorcanacktschnecken aufgetaucht, die lauthals kanzlernde Zitteranfälle als Folge des Klimawandels attestieren.
Diese Nachrichtenflut, die Spontaneinsätze zu Linchens Schul- und Elises Haus-Errettung sowie das vegan gestreamte Fotoshop-Duell von Häshtäg Fau hat die Märchen-Mädels völlig von ihrem tatsächlichen Vorhaben abgelenkt. Eigentlich wollten sie bei der nächsten Flaschendrehrunde mit Artus´ Hilfe ausknobeln, wie Lieschens bevorstehender Jubeltag organisiert werden soll. Ihr Geschenk zum Dreißigsten hat sie sich bereits selbst gemacht und es ganz still und leise veröffentlicht. Die dritte Auflage von Lieschens Poesiealbum rückte aber in Anbetracht der Winterfeller Großwetterlage, Freddys Stehtischaffäre und dem Klappstuhlgate seines Zwillingsbruders immer weiter aus dem Blickfeld.
Freddy Mässer war auf dem Wochenmarkt einkaufen, traf seine ehemaligen Schulfreunde und gönnte sich ein Käffchen vom „Muckefuck“. Während Santos noch seine restlichen Besorgungen tätigte, stellten sich Roland und Freddy mit ihren Togo-Bechern für einen Plausch an den weit und breit einzigen Stehtisch und beobachteten das Treiben im offenen Winterfeller Vollzug. Fleißige schwarze Platzwartbienchen schwärmten in Kleingruppen über den Markt um die sogenannte staatliche Anordnung in der Flugsamenhöchstgefahrenzone zu überwachen. Deren privatgekleidetes allsehendes Auge marschierte ebenfalls strammen Schrittes über den Wochenmarkt und stolzierte gleichwohl sehr gewichtig entlang der coronellen Bannmeile. So schnell konnten Freddy und Roland gar nicht gucken, entriß man den beiden ihren Abstandshalter. Die Glatzkopfoberdrohne der Stadt Winterfell ließ, -im „sovjet-style“-, den Stehtisch entfernen, scharte dann lachend seine sechs Bienchen um sich und feierte seine gelungene Aktion.
Charlotte und Isabella wundern sich weder über den angewandten Doppelstandard noch über die grassierende „Hirninsuffizienz“ der Einwohner, denn die Panikporno-Kampagne „Endstation Corone“ hält nicht nur diese in Schach, sondern spült auch fleißig Seedukaten in den Winterfeller Stadtsäckel. Freddy Mässer kann ein Liedchen davon singen. Der stadtbekannte „Oben-ohne“-Lebemann findet öfters einen Strafzettel wegen Verstoßes gegen die Flugsamen-Verordnung vor. Da Freddy seine notariellen Urkunden vorweisen kann, haben die Märchen-Mädels schon vorgearbeitet und folgendes Antwortschreiben aufgesetzt:
EINWURF-EINSCHREIBEN.
Privatautonome, empfangsbedürftige Willenserklärung unter Eid und unbegrenzter Haftung.
hier: Postsendung an den Alias-Namen `Freddy Mässer´. Ihr Zeichen OWichs 33-18-666
Sehr geehrter Herr Freddy Mässer, vertreten durch den Leiter des Ordnungsamts der Stadt Winterfell, Dietrich Vielmoos,
beiliegende Postsendung, adressiert an `Herr Freddy Mässer´, haben wir in unserem Briefkasten vorgefunden. Weil Sie als der Inhaber dieses Namens den Adressierten vertreten, rücküberstellen wir Ihre Forderung an sich selbst zu unserer diesseitigen Entlastung. Da Sie unseren Avalkredit bereits in Anspruch genommen haben, empfehlen wir Ihnen, den bereits saldierten Buchungssatz auszubuchen, Ihr Geschäftszeichen zu annullieren und den Geschäftsvorfall als erledigt zu betrachten.
Bis zur öffentlichen Wiederherstellung des originalen Treuhandverhältnisses per Verwaltungsakt haben wir uns erlaubt, vorsorglich das gegenständliche Forderungsschreiben mit der Kennzeichnung „vermuteter Treuhandbetrug“ zu versehen. Sollte Ihr Sachgebiet dieses als Affront auffassen, bitten wir um rasche Mitteilung und um einen Vorschlag für einen zweckmäßigeren Vermerk, damit wir den unsrigen umgehend korrigieren können. Es liegt uns sehr viel an höflichen, ehrenhaften aber auch an regelkonformen Gepflogenheiten.
Sollte der Öffentlichkeit durch den unterzeichnenden erstrangigen Verfügungsgläubiger und Treugeber unabsichtlich und unwissentlich ein Schaden oder eine Entehrung entstanden sein, so bittet dieser -in allen Ehren- um die Zustellung derjenigen Urkunde, mit welcher dieser Schaden oder die Entehrung umgehend geheilt werden können.
Diese Urkunde wird als privatautonome Willenserklärung nach Union postale universelle (UPU) 1874 zugestellt und in Frieden präsentiert mit dem Zweck, die öffentliche Ordnung und das öffentliche Wohl aller Beteiligten aufrechtzuerhalten. Sie wird mit dem nachfolgenden Autograph und dem Ehrenwort der unbegrenzten Haftung versichert und als Zeichen des dreimalig geäußerten Willens durch den Unterzeichner bestätigt und vom Treugeber rückbestätigt sowie mit dessen Daumenabdruck als Lebendzeichen gesiegelt.
Dies alles wird getan, damit der Mensch nicht zu Schaden kommt. Mein Schöpfer kann nicht ausgeschlossen werden.
Gültig im heute, hier und jetzt, datiert zur Postregistrierung und rückwirkend zum dritten August neunzehnhundertachtundsechzig um 17. Uhr 17 aus dem Wohnsitz zu Zauberfeld.
Anlagen:
- Notarielle Unterschriftsbeglaubigung der eigenhändigen Unterschrift (Kopie).
- Rücküberstellter Forderungstitel mit dem Vermerk: „vermuteter Treuhandbetrug*“, zur diesseitigen Entlastung. (Original)
- An den Herausgeber und Inhaber rücküberstellte `Geburtsurkunde´ des Freddy Mässer mit dem Vermerk: „vermuteter Treuhandbetrug“. (Kopie).
Hochachtungsvoll.
M ä s s e r, Freddy
*vermuteter Treuhandbetrug: Das Heilmittel für einen Treuhandbetrug ist, dass man ihn demjenigen, der ihn begeht, anzeigt. Er soll es künftig bitte lassen! Freddy hat durch seinen Privilegienverzicht nichts mehr mit einer vermuteten Eigenschaft eines Co-Treuhänders in einem Sozialversicherungstrust zu tun. Diese Vermutung hat er gründlich widerlegt. Er ist in die Position des Treugebers gewechselt und damit zum erstrangigen Haftungsgläubiger geworden. Der jeweilige Erfüllungsgehilfe hat damit den Part des Treuhänders übernommen, dessen vorderste Pflicht es ist, in Vertretung des Freddy Mässer die Rechnungen zu bezahlen. Also geht Freddy her und präpariert alle Forderungen an Herr Freddy Mässer folgendermaßen:
- Er zieht auf der ersten Seite der Forderung zwei durchgehende, parallele Striche von links unten nach rechts oben (Abstand 6 – 8 cm) und schreibt in das Feld `vermuteter Treuhandbetrug´ hinein. In die untere rechte Ecke bringt er eine Briefmarke (3ct.), das Datum, die Unterschrift, den Daumenabdruck und evtl. den UPU-Stempel auf, (sofern er sich einen zugelegt und vorher die UPU informiert hat). Damit macht er die entwertete Forderung zu seinem Wertpapier und entlastet damit die Fiktion.
- Auf der letzten Seite der Forderung macht er genau dasselbe.
- Er macht dasselbe mit der Geburtsurkunde. Dann macht er eine Menge Kopien und legt eine davon dieser einzelnen Forderung als Anhang bei. Das Original hat er zwar rücküberstellt, aber eine Kopie der Geburtsurkunde (GU) wird er schon noch irgendwo finden.
(Warum er das darf? Hat er die Ausschlagungsurkunde und seine eigenen Papiere schon? Hat er sich nicht ein Zurückbehaltungsrecht ausgebeten? Ätsch!). Wie es aktuell gerade aussieht, wird er von der Forderung nie mehr etwas hören und sehen. Wenn doch, dann macht er dasselbe nochmals. Für die Entlastung der jeweiligen Forderung kommen in Frage: Der Forderungsaussteller selber. Der Direktor des Amtsgerichts am Wohnsitz. Das BVA, solange es die Ausschlagungsurkunde und das Geburt-Aktenzeichen nicht herausgerückt hat. Das BSS, weil dort das Sozialversicherungsprivileg verwaltet wird. Jede andere Idee, die einem weiterhilft.
Die Schritte, welche Freddy im Vorfeld unternommen hat, sind im nachstehenden Poesiealbum Nr. 3 zu entdecken:]